Blizzard und Colin McRae

Kann man es Blizzard nennen, wenn es blitzt, donnert und schneit wie blöd? Eher nicht.
Selten so eine beschissene Heimfahrt gehabt. Normalerweise dauert meine Fahrt zwischen Arbeit und Zuhause eine halbe Stunde. Heute Abend dauerte es doch glatt über eineinhalb Stunden. Super!
Raus aus der Arbeit, rein in den Feierabend und was sehen meine Augen? Schnee! Überall Schnee und das in rauen Mengen (ja, 5cm Schnee innerhalb einer Stunde sind für uns hier viel!). Also zum Auto gehätschelt, Auto 5 Minuten freigekehrt, eingestiegen, ausgestiegen und nochmal Fensterscheiben abgekehrt. Auf der Strasse erfolgreich den Nürnberger sommerbereiften Autofahrern ausgewichen.
An einer Ampel vor mir steht ein weißes Irgendwas mit Motorroller unterm Hintern. Dürfte ziemlich rutschig sein bei dem Wetter mit dem Roller – ich würde schieben – aber no risk no fun. Die Ampel wird grün – ich auch! Das rollerfahrende Teil liegt gestreckter Länge auf der Strasse. Warnblinklicht anschalten, aussteigen und hoffen, dass nicht viel passiert ist. Ah, modische Damenlederstiefel (mit glatter Sohle)! Der erste Versuch aufzustehen misslingt ihr. Der Gentleman hilft und fliegt fast selber auf die Nase (nur ohne Helm). Rollerfrau aufgerichtet, Roller aufgerichtet, Spiegel zurechtgebogen, Bremshebel nach oben drehen – ups abgebrochen. Naja bei dem Wetter und bei der Dunkelheit sieht keiner deinen roten Kopf. Frage ob wirklich alles in Ordnung ist und noch einen schlauen Spruch mit auf den Weg geben: „Schieben ist jetzt wohl doch besser“. Wieder ins Auto einsteigen, aussteigen und noch kurz die Schneedecke von der Frontscheibe gekratzt. Trotz Winterreifen gehts erst im dritten Gang weg von der Stelle.
Endlich Süd-West-Tangente! Schön geschlossene Schneedecke und kein Auto weit und breit. Ausfahrt Oberasbach und hoffen, dass „oben“ die Ampel grün ist. Grün – hurra. Mit einem kleinen Powerslide ohne Power abbiegen. Die Strassenbeleuchtung in Oberasbach ist bei dem Wetter nicht unbedingt hilfreich. Das Licht wird schön in den Schneekristalle gebrochen. Das wären sicher tolle Fotos wenn ich denn die Muse dazu hätte. Ah, kein Schneefall mehr – jetzt wirds doch noch eine schöne Fahrt. Dummerweise fängt das Schneegestöber nach 500 Metern wieder an.
Vor mir auf der Landstrasse ein 3er BMW mit Nürnberger Kennzeichen. Normalerweise schon bei guten Wetter und Lichtverhältnissen ein Grund zum Abstandhalten, aber wie die nötige Distanz wahren, wenn der/die mit wahnsinnigen 5 km/h fährt? Stop and go? Zwei Minuten warten und dann wieder losfahren? Kann ich nicht machen. Also sechs Kilometer mit Schrittgeschwindigkeit im zweiten Gang – nein erster, nein zweiter – irgendwie passt keiner – egal. Boah und jetzt quietschen auch noch die doofen Scheibenwischer. Radio lauter. Ah, kein Scheibenwischerquietschen mehr. So, und jetzt zu dem Idioten hinter mir: Bei 5 Km/h, 3 Meter „Sicherheitsabstand“ halten bringt nichts wenn es darauf ankommt.
Der Schlurchi vor mir ist weg musste wahrscheinlich wegen Geschwindigkeitsrausch anhalten, der Knalldepp hinter mir ist auch weg wahrscheinlich an meiner Kennzeichenbeleuchtung erblindet. Endlich die eigene „ideale“ Geschwindigkeit fahren, aber wo ist die Strasse? Ein Strassenbegrenzungspfosten, aber nur einer? Sonst sieht man doch hier mindestens zehn. Ein zweiter Pfosten würde mir schon reichen, egal ob auf der „anderen Seite“ oder auf „meiner Seite“. Also hangel ich mich von einem Pfosten zum nächsten. Gefühlt gefahrene 80 Km pro Stunde, laut Tachometer dann doch nur 20 Km/h. Der Schnee weht mir also mit etwa 60 Km/h entgegen?! In Mathe war ich nie gut (werd ich auch nie mehr). Zum Glück kommt der Schnee nur direkt von vorne. Hallo?! Soll ich zu Uri Geller? Der Schnee kommt von links, dann wieder von rechts, von links, rechts, li… Mir wird langsam ganz schwummrig. War hier die Strasse nicht schnurgerade? Die Scheibenwischer quietschen im Takt der Musik. Schön locker und verspannt hinter dem Lenkrad versuche ich die Begrenzungspfosten zu finden. Auf der Strasse bleiben, reicht mir auch schon. Die ersten Lichter von Dietenhofen. Juhuu gleich hab ichs!
Wie komme ich aber nun die kleine steile Strasse mit einer rechts und einer links Kurve hoch? Ich machs wie Colin McRae nöö, der ist schon Tod, obwohl – der ist ja bei einem Hubschrauberabsturz gestorben – also was solls?! Oder doch besser wie Walter Röhrl ohne quattro und Ahnung? Mit Schwung die Strasse rauf, Handbremse ziehen, einlenken, Handbremse lösen, aufs Gas und lenken, lenken, lenken (!). Wie war das mit der Blickführung? Dorthin schauen wo man hinfahren will und alles geht (fast) von selbst. Erste Kurve geschafft! Für die Zweite brauche aber mehr Schwung, hab aber eine noch steilere und kürzere Strasse vor mir. Mehr Gas? Wild schlingernd gehts aufwärts. Rechts geht es ja nur 30 Meter den „Kinder- Rodelberg“ runter. Wie war das? No risk – no fun Bis jetzt klappts gut. War es vorhin schon so heiß im Auto?. Nochmal selbes Prozedere wie an der ersten Kurve: Handbremse ziehen, einlenken, Handbremse lösen, aufs Gas und lenken. Klappt prima.
Locker und entspannt parke ich mein Auto. Noch kurz die Scheibenwischer hochstellen, sonst frieren sie an und quietschen bald. Die quietschen doch schon! Egal! Also Scheibenwischer hoch, ausgerutscht, Scheibenwischer abgebrochen. Danke ich geh ins Bett. Vorher lass ich aber noch alle an meiner Heimfahrt teilhaben.
Gute Nacht.

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